Warum Unternehmen bei New Work zögern
Die Ereignisse der letzten 2,5 Jahre haben unsere Arbeits- und Lebenswelten sprichwörtlich auf den Kopf gestellt (und tun es teils immer noch). Wenngleich auf ganz unterschiedliche Art und Weise. Während sich manche Branchen freuen nach behördlich angeordneten Schließzeiten, Auftragsflauten und Kurzarbeit endlich wieder Vollgas zu geben, pfeifen andere Branchen bzw. deren Mitarbeiter:innen aus dem letzten Loch und wünschen sich eine Auszeit oder kämpfen mit massiven Lieferengpässen, die „business as usual“ schlichtweg unmöglich machen.
Manche wünschen sich die „alte Normalität“ oder geordnete Bahnen zurück, andere hoffen auf nachhaltige Veränderung und weiteren Fortschritt.
Ich erlebe in den letzten Monaten ganz stark, wie sehr Unternehmen hin- und hergerissen sind:
- Wie viel Home Office können/wollen wir Beschäftigten auf Dauer zugestehen?
- Wie viel Flexibilität oder Regeln braucht unsere Organisation?
Im Grunde steckt hinter all diesen Fragen das Dilemma: Altbewährte Schritte/ Pfade versus Neues Arbeiten. Wie sehr wollen wir altbekannte Wege beibehalten, inwieweit wollen wir sie verlassen und Neues wagen?
Vielfach entsteht durch diese Fragen eine kognitive Dissonanz bei Entscheidungsträger:innen, also ein innerer Widerspruch oder Spannungszustand zwischen Information und Wissen einerseits und Gefühlen und Werten andererseits. So kommt es beispielsweise zu Situationen, in denen Vorstände oder Geschäftführer:innen wissen, dass es eine moderne Arbeitskultur mit langfristiger Beibehaltung von (viel!) mobilem Arbeiten oder Home-Office und flexiblen Arbeitszeiten braucht, um ein attraktiver Arbeitgeber zu bleiben, während sie gleichzeitig unglaubliche Zweifel oder Ängste verspüren, zu viel Freiheit zu gewähren und damit dem Unternehmen zu schaden (z.B. Verringerung der Dienstleistungsqualität, Schaffen von Spielräumen, die potentiell von Beschäftigten ausgenutzt werden können).
Die Lösung?
Mutig die Komfortzone verlassen und Neues versuchen. Warum nicht ehrlich kommunizieren: Wenn es nicht klappt, dann werden wir wieder zu den ursprünglichen Regeln/ Prozessen zurückkehren. Vielfach wird viel zu lange überlegt, in Projektgruppen diskutiert und Richtlinien erstellt und während all das passiert, haben sich die äußeren Umstände und auch die Bedürfnisse der Beschäftigten schon wieder geändert. Hier können wir von unseren Kindern lernen: Sie haben von klein auf die Fähigkeit Dinge einfach zu versuchen und wenn sie dabei scheitern, weiter zu machen, indem sie es nochmal probieren oder etwas anderes versuchen. Blickt man auf erfolgreiche Start-ups, so haben diese meist mehrere solcher „Trial-and-Error“-Phasen hinter sich, in denen die Gründer stets offen kommuniziert und die Beschäftigten in die Entwicklungsphasen und die damit verbundenen Rückschläge und Fortschritte eingebunden haben.
Ein neues Verständnis von Führung
Als Zugehörige der Generation Y bin ich überzeugt, dass diese Generation sowie die Gen. Z und Alpha es sehr schätzen, wenn Entscheidungsträger:innen in Unternehmen rascher Dinge ins Rollen bringen, also TUN! Es braucht mehr Mut zu Pilotprojekten und Innovationen, raschere Reaktionszeiten auf äußere Veränderungen, und damit auch die Haltung „Trial and Error“ und ehrliche Kommunikation. Authentische Führungskräfte, die keine Angst vor Fehlern haben. Führungskräfte, die ihre Teammitglieder empowern und ihre Teams als Mentor und Coach mehr und mehr in die Selbstorganisation begleiten.
Leider scheint es in Österreich sehr stark in den Unternehmenskulturen verankert zu sein, bei jedem Vorhaben gleich an den Worst Case zu denken. Zum Beispiel in Bezug auf Home-Office an die möglichen „Trittbrettfahrer:innen“, die das System ausnutzen könnten und zuhause ihre Arbeitsleistung minimieren. Oft kommen – wie aus der Pistole geschossen – ein bis zwei konkrete Negativbeispiele, an die sich die Entscheidungsträger:innen erinnern.
Doch hier passiert unbewusst ein völlig falscher Fokus: Während man – oft mit sehr viel Energie, Bürokratie und Regeln – versucht es diesen negativen Einzelfällen unter den Beschäftigten schwer zu machen, verliert man die große Masse aus den Augen und vergrault die übrigen 98-99% der Beschäftigten! (Nebenbei gesagt: Oft fehlt es auch an ergebnisorientierter Führung und den zugehörigen Mut diese einzelnen Beschäftigten direkt auf ihre mangelnde Arbeitsleistung anzusprechen und zu verwarnen.)
Will man Employer of Choice sein, sollte man sich also primär fragen: Wie kann ich für den Großteil meiner Beschäftigten eine attraktive Arbeitswelt schaffen, und damit deren Engagement und Motivation hochhalten?
Das geht meiner Meinung nach nur, indem ich dieser Masse Vertrauen entgegen bringe und Freiraum gewähre: Freiraum ihr Berufs- und Privatleben gut zu vereinbaren und Freiraum ihre Fähigkeiten und Potentiale im Unternehmen zu entfalten.
Damit schaffe ich als Unternehmen das Fundament für eine nachhaltige, zukunftsfähige Unternehmenskultur!
Irene Maria Walter
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